Tandem für drei: Nach Lemgo im Jahr 2020 hat die Engagierte Stadt Stendal mit dem mecklenburgischen Parchim einen weiteren Partner bekommen. Das bundesweite Netzwerkprogramm „Engagierte Stadt“ zielt auf Kooperationen zwischen Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, um lokales Engagement voranzubringen und gute Rahmenbedingungen dafür zu schaffen. 100 Städte, Stadtteile und Gemeinden sind inzwischen dabei – die Hansestadt Stendal seit sieben Jahren. Zusätzlich zum Erfahrungsaustausch auf Bundesebene setzt die Bewegung auf Städte-Tandems. Dass die langjährigen Partnerstädte Stendal und Lemgo sich auch auf dieser Ebene verbünden würden, lag nahe. Aber auch für Parchim war Stendal ein Wunschkandidat. Bürgermeister Dirk Flörke hat in der Rolandstadt sein Abitur gemacht, familiäre Verbindungen ließen den Kontakt nie abreißen. „Der Austausch wird für uns ein ungeheurer Mehrwert sein“, ist Dirk Flörke sicher. In Parchim mit seinen 18.000 Einwohnern gebe es seit vielen Jahren sehr engagiertes Ehrenamt im guten Zusammenwirken mit dem Hauptamt. Als Engagierte Stadt wolle Parchim den nächsten Schritt gehen und von Erfahrungen aus anderen Städten profitieren.
In einer Online-Konferenz trafen sich Anfang Februar 2022 Stendals Vize-Oberbürgermeister Axel Kleefeldt und die Bürgermeister Markus Baier (Lemgo) und Dirk Flörke (Parchim) zu einem ersten Austausch als engagiertes Städte-Trio. Die Einladung kam von den drei lokalen Koordinierungsstellen der Engagierten Städte. In Stendal hat mit der Freiwilligen-Agentur Altmark e.V. ein gemeinnütziger Verein die Trägerschaft übernommen. Sie arbeitet eng mit der Stadtverwaltung zusammen, die das Bürgerzentrum „Kleine Markthalle“ und die Vereinsarbeit finanziell unterstützt. Treibende Kraft ist Prozessmanagerin Marion Zosel-Mohr. In Lemgo war zunächst die städtische Ehrenamtsbeauftragte Marlen Grote zuständig. Künftig sind die Aufgaben der Engagierten Stadt direkt beim persönlichen Referenten des Bürgermeisters, Hendric Schwär-Fröhlich, angesiedelt. In Parchim ist Claudia Schumacher in der Kontakt- und Informationsstelle für freiwilliges Engagement (ZiP – Zusammen in Parchim) das Gesicht der Engagierten Stadt. Hinter dem ZiP steht ebenfalls ein Verein als Träger, die Stelle wird von der Stadt Parchim gefördert.
Im ersten gemeinsamen Treffen auf der Bürgermeister-Ebene ging es u.a. um Motivation und Ziele sowie um Möglichkeiten der Engagierten Städte, sich gegenseitig zu unterstützen. Einigkeit bestand darin, dass nicht jeder für sich das Rad neu erfinden müsse. „Es ist immer wieder interessant und spannend zu sehen, welche Modelle in anderen Gemeinden entstehen und dann zu schauen, welche Lösungsmöglichkeiten für uns auch in Frage kämen“, sagte Axel Kleefeldt. Lemgos Bürgermeister Markus Baier drückte es so aus: „Wir haben über 5000 Kommunen in Deutschland und alle haben gute Ideen. Da darf man sich auch nicht zu schade sein, auch mal eine Idee für sich selber zu adaptieren und gleichzeitig nicht aufhören, neue Ideen zu entwickeln. Dann ergibt das ein System von Partnern, die voneinander lernen können, und zwar auf Augenhöhe.“
Auch über konkrete Ansatzpunkte für die Zusammenarbeit wurde gesprochen. 2021 gab es einen digitalen Austausch zwischen Stadträten und Verwaltungsspitzen aus Stendal und Lemgo. „Dieses Format würden wir gerne mal in der Dreierkonstellation machen“, so Marion Zosel-Mohr. Auch ein Austausch auf Vereinsebene ist denkbar. Lemgo organisiert seit über 20 Jahren einen stadtweiten Frühjahrsputz und hat damit im vergangenen Jahr bereits Stendal angesteckt. Die Vorbereitungen für 2022 laufen im gegenseitigen Austausch: Termine sind der 1. April (Lemgo) und der 9. April (Stendal). Parchim und Lemgo sind beide „Fairtrade Towns“ – hier könnte die Rolandstadt von vorhandenem Knowhow profitieren. Potenzial für eine gemeinsame Aktion sieht Lemgos scheidende Ehrenamtsbeauftragte Marlen Grote auch in den Special Olympics World Games im Juni 2023 in Berlin, der weltweit größten inklusiven Sportveranstaltung. Lemgo gehört zu den 216 deutschen Host Towns. „Wir träumen davon, dass wir nicht nur Athleten, die an den Special Olympics teilnehmen, bei uns aufnehmen, sondern dass wir einen Fan-Bus nach Berlin mitschicken können. Und da liegt Stendal gut auf dem Weg und Parchim ist auch nicht so weit weg.“
Hinweis: Seit 2020 öffnet sich das Netzwerkprogramm für neue Städte und Partnerschaften. Zurzeit läuft das Interessenbekundungsverfahren 2022. Teilnehmen können Städte, Gemeinden und Stadtteile mit einer Einwohnerzahl von 10.000 bis 250.000. Vorausgesetzt wird eine Kooperation zwischen Akteur*innen aus der kommunalen Verwaltung und der Zivilgesellschaft sowie optional aus der Wirtschaft. Gemeinschaftliche Interessenbekundungen sind bis zum 21. März 2022 möglich unter https://www.engagiertestadt.de/mitmachen/.