Zwei inspirierende Menschen sind zurzeit mit einem bemerkenswerten Film in Deutschland unterwegs: der Menschenrechtsaktivist Gilbert Germain aus Ghana und der Lehrer Tim Pauls aus Niedersachsen. Am Montag, 19. September, stellten sie die Dokumentation „Climbing a good tree“ (Auf einen guten Baum klettern) in der Kleinen Markthalle in Stendal vor. Eingebettet war die Veranstaltung der Freiwilligen-Agentur Altmark e.V. und des Magletan e.V. in die Küche für alle (KüfA) und in die Interkulturelle Woche. Am Dienstag, 27. September, gibt es an gleicher Stelle eine weitere Begegnung mit Tim Pauls und Gilbert Germain.
„Climbing a good tree“ führt in eine Welt, in der sich Kinder für etwas Geld als Auftragsmörder verdingen, in Diamantminen schuften oder auf Müllkippen den Elektroschrott der westlichen Wohlstandsgesellschaft verbrennen, um zwischen giftigen Dämpfen Metalle herauszupicken, die sie verkaufen können. Es ist eine Welt, in der ein Kind kein Recht hat, das Verhalten seiner Eltern in Frage zu stellen, nicht einmal, wenn Verwandte es missbrauchen. Wird ein Mädchen dadurch schwanger, drohen ihm harte Strafen. Frauen bekommen meist nur einen Job, wenn sie Sex mit dem Chef haben.
In dieser Welt kämpft Gilbert Germain für die Rechte der Kinder und der jungen Frauen. In der Saint Germain School, die seine Mutter vor 30 Jahren gründete, ermutigt er Mädchen und Jungen, an sich zu glauben und für ihre Ziele aufzustehen. Er versucht, Eltern vom Wert einer Schulbildung als Schlüssel zu einem besseren Leben zu überzeugen und wird dafür oft angefeindet. In einem Internat nimmt er Kinder auf, die von ihren Familien aus dem Haus geworfen wurden oder nach einer Abtreibung untertauchen müssen. Jungen Frauen gibt er die Chance, handwerkliche Fähigkeiten zu erlernen, um sich selbständig zu machen und vom Geld der Männer unabhängig zu werden. Auch auf ethische und moralische Bildung für Jungen legt er großen Wert.
Was ist meine Verantwortung?
„Verantwortung übernehmen, füreinander da sein – vielleicht ist das das wichtigste Ausbildungsziel der Saint Germain School“, sagt Tim Pauls. Der Film erzählt auch seine Geschichte. Der junge Lehrer und nun auch Regisseur aus Braunschweig denkt darüber nach, in welcher Welt seine Tochter einmal leben wird und was seine Verantwortung ist. „Was wäre aus mir geworden, hätte mich der Zufall in dieses Leben geworfen? Was würde ich tun, um zu überleben?“, fragt sich Tim Pauls. Er reist mit Schülerinnen und Schülern der Berufsschule, an der er lehrt, nach Ghana, um ihnen ein größeres Bild von der Welt zu vermitteln. Einige von ihnen kommen in der Dokumentation zu Wort und es ist spürbar, dass sie verändert nach Deutschland zurückgekehrt sind.
Dass Tim Pauls zuvor noch nie einen Film gedreht hat, mag das Publikum in der Kleinen Markthalle kaum glauben. „Festivalreif“, nennt ein Zuschauer das, was der Niedersachse ohne Crew und ohne großes technisches Equipment geschaffen hat. In ästhetischen, überwiegend schönen Bildern schildert „Climbing a good tree“ harte Lebensbedingungen, denen die Menschen um Gilbert Germain jedoch mit großer Kraft trotzen. Aus den Bildern spricht auch die Liebe, mit der sich der Menschenrechtsaktivist in Ghana der jungen Generation zuwendet. Er ist kein reicher Mäzen, sondern ein unbeirrbarer Mensch mit einer Vision, für die er alles gibt. Staatliche Unterstützung erhält seine Schule nicht. Im Gegenteil: Er muss für jeden Schüler Steuern zahlen.
Nächster Termin: 27. September
Am Dienstag, 27. September, sind Gilbert Germain und Tim Pauls mit ihrem Film „Climbing a good tree“ noch einmal in der Kleinen Markthalle zu Gast. Die Kooperationsveranstaltung des Vereins KinderStärken e.V., des Magletan e.V./Weltladen Magdeburg und der Freiwilligen-Agentur Altmark e.V. von 16.00 bis 19.00 Uhr steht unter dem Motto „Kulinarisches Erleben rund um die Welt“ und wendet sich an junge Menschen von 12 bis 27 Jahren. Der Ablauf ist ähnlich wie bei der KüfA: Gemeinsam werden internationale Speisen gekocht und gegessen, Film und Gespräch schließen sich an.